Dieser lässt sich nach Aussage schnell und sicher einführen und ist dann auch beim Transport zumindest so sicher, dass die Atemwege frei bleiben.
Soweit die Theorie.
Ich habe viele Jahre die Ausbildung in Taktischer Medizin durchgeführt, sowie begleitet und gesehen wie sich das praktisch darstellt. In Grundlehrgängen TCCC oder TECC wird ausführlich auf Anatomie und Pathophysiologie eingegangen. Die praktische Anwendung auch mit Materialkunde, Einweisung am Phantom und zumindest einmal im gegenseitigen Partnertraining durchgeführt.
In manchen Lehrgängen, so auch bei der Bundeswehr, wird diese invasive Maßnahme auf freiwilliger Basis durchgeführt. Ob ein Wendeltubus, vom potentiellen militärischen Ersthelfer, sprich Combat Medic, am realen Menschen eingeführt werden kann, hängt also erst einmal davon ab, ob sich genügend Freiwillige dafür finden lassen. So weit so gut.
Nach einem Versuch, gleich ob erfolgreich oder tränenreich mit blutender Nasenschleimhaut abgebrochen, gilt dieser praktische Ausbildungsabschnitt als erledigt. Im weiteren Verlauf der Gesamtausbildung werden Tuben auf die Wange geklebt, bzw. die Länge so korrigiert, dass ein Tubus zwar in die Nase gesteckt werden kann, aber keinerlei Funktion hat.
Durch solche Ausbildungen werden falsche Bilder vermittelt.
Wie sieht aber die Realität aus?
Patienten, bei denen nun eher ungeübte Ersthelfer eine Atemwegssicherung unter schwierigen Rahmenbedingungen durchführen müssen, sind alles andere als einfach zu versorgen. Klimabedingte, ausgetrocknete Schleimhäute, schiefes Septum, Schwellungen durch was auch immer bedingt, sowie allgemeiner Stress auf beiden Seiten des Tubus lassen ganz sicher eine routinierte Anwendung vermissen.
Wenn nun selbst erfahrene Intensivpflegekräfte sagen, einen Wendeltubus einzulegen, dass muss geübt werden, stellt sich für mich die Frage auf Sinnhaftigkeit bei militärischen oder polizeidienstlichen Ersthelfern mit erweiterter Befähigung.
So wie derzeit meist geübt wird, ist es sicher nicht routiniert und erfolgversprechend. Wird eher eine Alibifunktion aufrechterhalten. Wendel schieben ist einfach nicht sexy.
Was kann gegen diesen Missstand getan werden?
Zum einen, muss zwingend in der Ausbildung auf eine regelmäßige Wiederholung bestanden werden, d.h. hier wirklich dem Motto, „Train as you fight“ folgend, auch Üb Verletzten einen Wendeltubus verabreichen. In der Realität ist ja auch nicht jeder Patient bewusstlos oder eingetrübt. Es bleiben also nur einzelne Patienten übrig die das über sich ergehen lassen müssten.
Zum anderen gäbe es die Möglichkeit Skilltrainer parallel zum sich verweigernden Üb Verletzten zu platzieren. Das ist zwar etwas aufwendiger, geht bei anderen invasiven Maßnahmen auch.
Als letzte Möglichkeit kann auch auf andere legitimierte Vorgehensweisen, wie z.B. der stabilen Seitenlagerung ausgewichen werden. „Threet first what kills first“ gibt im Rahmen der taktischen Medizin die Grundlage dafür. Bei einem Patienten mit gefährdeten Atemwegen muss ich mir etwas einfallen lassen. Bekomme ich keine NPA platziert, dann wird alles andere an Möglichkeiten ausgeschöpft, die eine solche Situation verlangt. Kopf überstrecken oder stabile Seitenlagerung.
Üben Sie auch solche unbeliebten Vorgehensweisen. Hören Sie auf Ihre Lehrgangsteilnehmer mit Samthandschuhen anzufassen, indem Sie akzeptieren, dass dieser wichtige Part halbherzig übergangen zu falscher Sicherheit führt.
Wir von Capsarius Akademie möchten nun bereits beginnen für einen Kurs im Sommer 2022 Werbung zu machen. Diese und weitere Themen aus diesen Blogbeiträgen werden dort durch erfahrene Ausbilder vermittelt. Wir werden dabei ganz gezielt auf die individuellen Bedürfnisse von Ersthelfern, außerhalb der Komfortzone eingehen. Entfrachtet und treu der Devise, Keep it simple`