Blog-Layout

Erfahrungen als UN Militärbeobachter in der Westsahara - Teil 2

Carsten Dombrowski • 23. März 2021

Teil 2

Die Ausbildung dauert wie bereits gesagt ca. 9 Wochen. 
Verantwortlich für die Durchführung der Ausbildung ist aktuell und war auch bei mir das Ausbildungszentrum Vereinte Nationen der Bundeswehr (kurz  VN AusbZ Bw) im fränkischen Hammelburg. Dieses ist zusammen mit der Infanterieschule am Lagerberg stationiert. Das bekannte Übungsdorf “Bonnland” gehört dort ebenfalls in den Standortbereich.

Dort wurden die Module 1 bis 4 durch die 1.Inspektion, internationale Einsatzausbildung betreut. Das Modul 5 variiert zwischen anderen Nationen und der besagten 1. InVNAusbZ. Dazu später mehr.


Nach Begrüßung und der üblichen Lehrgangsadministration kamen eine Vielzahl von Vorträgen zum Thema UN, Einsätzen, aber auch Erfahrungsberichte von Militärbeobachtern, die gerade erst aus dem Einsatz zurückgekommen waren. Quasi aus erster Hand die Insider Informationen über das tatsächliche Leben vor Ort zu bekommen war unbezahlbar.


Parallel fanden die ersten Planungsgespräche über Einsatzland und Zeitraum statt. Ich konnte meine persönlichen Wünsche gut umsetzen. Die Ansprechpartner seitens Einsatzführungskommando waren sehr kooperativ und kameradschaftlich. Eine Beobachtung oder Begleitung der Lehrgangsteilnehmer durch eine Truppenpsychologin war zuerst etwas befremdlich, machte aber bei genauerer Betrachtung Sinn, da die Verwendung als Militärbeobachter für die UN besondere Ansprüche an den Charakter des Soldaten stellt.


Einen ganz wichtigen Teil nimmt die erweiterte Sanitätsausbildung ein. Mit 10 Tagen, aufbauend auf der Grundlage eines aktuellen Erste Hilfe Kurses (bei der Bundeswehr Einsatzersthelfer Alpha bezeichnet) kam mittels Modul 2 der Einsatzersthelfer Bravo (kurz EHB).

Dieser Lehrgang ist auf Traumaversorgung ausgerichtet und erlaubt dem Absolventen eine große Anzahl, u.a. auch invasive, medizinische Maßnahmen. Die Anlage von intravenösen sowie intraossären Zugängen, Atemwegsmanagement, Notkoniotomie, aber auch die Entlastungspunktion bei Spannungspneumothorax gehören dazu.


Da in der Realität im Einsatz aber häufiger Patienten mit klassischen Tropenkrankheiten sowie Bissen durch Schlangen oder Spinnen auftreten, folgt dem Modul 2 das Modul 3. Dort werden diese Art von Themen behandelt. Zahnmedizinische Notversorgung und Krankheitslehre ergänzen die Übersicht. 


Gerade für viele jüngere Offiziere, die zu großen Teilen nicht aus dem Sanitätsdienst kommen, ist der Umgang mit Toten völliges Neuland. Da aber der Tod in solchen Einsätzen ein realistischer Begleiter ist und Opfer sehr häufig entstellt sind oder sich bereits im Verwesungsprozess befinden, ist ein seriöses Heranführen ein sensibles Thema.


In Zusammenarbeit mit der Rechtsmedizin der Universität Würzburg erleben die meisten Teilnehmer, bei der fachkundig begleiteten Leichenschau ihren ersten reellen Toten. Wer hier feststellt, dass hier für ihn eine persönliche Überforderung entsteht, kann seine Konsequenzen ziehen und den Lehrgang abbrechen. Es ist besser hier zu quittieren, als im Einsatzland ggf. seelischen Schaden zu nehmen.


Die gesamte Sanitätsausbildung wird wie die im Modul 4 durchgeführte Sprachausbildung stets als hervorragend und einsatzrelevant bewertet.


Schulenglisch können die meisten Teilnehmer bereits. Das spezifische Englisch von Militär und UN unterscheidet sich dann aber doch deutlich vom zivil geprägten standart Englisch. Akronyme, Vorträge, Breefings und Verhandlungstechniken werden immer wieder unter dem strengen Blick des Sprachenlehrers, einem ehemaligen US Stabsoffizier mit hoher Einsatzerfahrung, geübt. 

Von solchen Erfahrungen eines Muttersprachlers konnte auch ich hervorragend profitieren. Sehr lebendig konnte durch ihn, eine ansonsten manchmal trockene und theorielastige Thematik gut verstanden und aufgenommen werden. 


Nach drei Wochen Ausbildung erfolgte eine kleine Überprüfung und das nächste Modul stand an. Dazu aber in einem anderen Bericht mehr.



29. März 2022
Die audiovisuelle Behandlung.
von Carsten Dombrowski 11. März 2022
Erklärung und Anwendung des Akronyms - SATMIST
von Carsten Dombrowski 24. Februar 2022
In Brasilien steht den Einwohnern ein kostenfreies Gesundheitssystem zur Verfügung. Das sog. Sistema Unico de Saúde, kurz SUS. Flächendeckend sind diese SUS Stützpunkte in unterschiedlicher Besetzung und Leistungsfähigkeit über dieses riesige Land Brasilien verteilt. In manchen ist nur stundenweise eine Krankenschwester mit oder ohne Arzt tätig, andere sind mit mehr qualifiziertem medizinischen Personal über längere Zeiträume besetzt. Das hängt von Faktoren wie Infrastruktur, Bewohnerdichte, aber auch finanzieller Bereitschaft des jeweilig verantwortlichen Landkreises mit seinem Präfekten ab. Manche Bereiche investieren mehr, andere zahlen nur das notwendigste. Ich hatte die Möglichkeit eine Ärztin in ihrer Tätigkeit in einer ländlichen Gegend über mehrere Tage zu begleiten und Eindrücke über die medizinische Versorgung dort zu erlangen. Region Serra Azul, Staat Sao Paulo. Eine Kleinstadt als Verwaltungssitz mit etwa 15.000 Einwohnern. Darüber hinaus eine hohe Zahl kleiner und kleinster Ansammlungen von Bauernhöfen oder einfachen Häusern. Haupterwerbsquelle Bananen und Zuckerrohranbau.
10. Februar 2022
Ibuprofen oder Paracetamol? Und was ist eigentlich ein Sick Call?
von Carsten Dombrowski 5. Dezember 2021
Immer wieder wird in Fachforen der Begriff des sog. Prolonged Field Care, kurz PFC diskutiert. Dabei wird diese Phase der Verwundetenversorgung oft als weitere, also vierte Phase des Tactical Comabt Casualty Care , kurz TCCC bezeichnet. Nach Care under Fire, Tactical Field Care und Tactical Evacuation Care, käme dann also das Prolonged Field Care. Taktik und Medizin hat sich der Thematik angenommen und die Philosophie einer Versorgung nach PFC mal genauer betrachtet. PFC ist keine weitere Phase des TCCC. Das schon einmal vorweg. Unter PFC versteht sich eine Versorgungspahse, die durchaus im Zusammenhang mit dem TCCC zu sehen ist, aber nicht ausschließlich. Zu komplex sind die Situationen und Verletzungen aber auch Erkrankungen, die zum PFC führen können.
von Carsten Dombrowski 22. November 2021
Erweiterte Erste Hilfe für Personenschützer
Weitere Beiträge
Share by: