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Stop the bleeding

Carsten Dombrowski • 27. Oktober 2021
Immer Tourniquet, oder gibt es Alternativen?

Nachdem ich ja in meinem Beitrag über das permanente Worst Case Training quasi eine gewisse These aufgestellt habe, möchte ich nun beginnen für die unterschiedlichen Personengruppen Hilfestellung zu geben.

Dieser und die folgenden Blogbeiträge können und sollen kein fundiertes Training ersetzen. Dennoch können die Beiträge dazu anregen, sich in der jeweiligen Funktion und Tätigkeit zu hinterfragen. Ich werde versuchen, stets auf die Rahmenlage einzugehen und dadurch die unterschiedlichen Notwendigkeiten individuell herauszuarbeiten. Dem Prinzip good better best folgend.

In der Taktischen Medizin, also der medizinischen Versorgung von Patienten, mit veränderten Rettungsketten, eingeschränkten Ressourcen aber auch eventueller Bedrohung, sind wir als Ersthelfer gezwungen Dinge anders anzugehen, als im friedlichen Umfeld.


Ich betrachte also ausschließlich, die Phasen bis zum Eintreffen des jeweiligen Rettungsdienstes.

Nehmen wir also den Part, starke, ggf. sogar lebensbedrohliche Blutung. Bilder „made in Hollywood“ bestimmen die Vorstellung der meisten von uns. Abgerissene Gliedmaßen, blutige Stümpfe und spritzende Blutungen. Die Realität hat sicher solche Szenarien, für die meisten Ersthelfer stellen sich Blutungen und Wunden aber meist doch anders dar.


Gehen wir mal davon aus, Ihre Schutzperson, Ihr Klient oder eine Person für die Sie sich verantwortlich zeichnen, verunfallt in irgendeiner Art und Weise. Sie liegt am Boden, im Fahrzeug oder kommt noch zu Ihnen gelaufen.


Was tun Sie nun?


Eigenschutz steht immer an erster Stelle. Die Vorgehensweise nach SICK ist hoffentlich geläufig. Wenn nicht, hier noch mal kurz das Akronym.


S Szene Safety

I (first) Impression

C Critical Bleeding

K Kinematik


Bestehen schon Bedenken beim ersten S, also ist keine Sicherheit gegeben, stellen Sie diese her oder evakuieren den Patienten in einen sicheren Bereich. TCCC (Tactical Combat Casualty Care) spricht von Care under Fire, PHTLS (Pre Hospital Trauma Life Support) oder TECC (Tactical Emergency Casualty Care) sprechen von roter Zone. Hier sollten Sie schnell erkennen, liegt eine Extremitätenblutung vor, oder nicht. Die Zuordnung zur Kinematik, also dem was ist mit welcher Energie geschehen und hat zu dieser Verletzung geführt, hilft dabei.


Zum Beispiel, der Mensch wurde vom Hund in den Arm gebissen, oder ein Straftäter hat ein Messer in den Oberschenkel Ihrer Schutzperson gestoßen. Das sind schon Ausnahmesituationen. Können aber neben vielen anderen Möglichkeiten, starke Blutungen auslösen.

Der Einsatz vom Tourniquet ist eine einfache Vorgehensweise die schnell und effizient solche Blutungen stoppt und somit ein akutes verbluten verhindern kann. Das muss geübt werden, da auch hier gravierende Fehler bei der Anlage gemacht werden können.


Die weit häufiger auftretenden Blutungen sind aber geringer und benötigen eigentlich keine Blutsperre mittels Tourniquet. Wie sie nun solche geringeren, aber durchaus nicht zu unterschätzenden Blutungen versorgen, hängt natürlich davon ab, wie sicher der Ort der Versorgung ist. Ist der Straftäter noch vor Ort und nur eine schnelle Evakuierung im Fahrzeug wäre hilfreich, kann ein Tourniquet auch temporär angelegt werden. Noch während der Fahrt, aber spätestens danach könnte die Wunde, mittels Druckverband versorgt und die Blutung gestillt werden.


Bei genauerer Untersuchung in Anschluss daran, was durchaus auch mal eine erste Reinigung der Wundfläche bedeutet, lässt sich häufig erkennen, dass selbst einfache Pflasterverbände ausreichen. Hand aufs Herz, wer kann seriöse und effiziente Pflasterverbände anlegen. Die wenigsten können das. Das muss ebenfalls geübt werden. So auch die Verwendung von Klammerpflastern als Alternative zur fehlenden Wundnaht.


Betrachten Sie alleine diese Darstellung und daraus resultierenden Vorschlägen zur Versorgung, sehen Sie das eine ausschließliche Anlage von Tourniquets deutlich zu wenig ist. Ich meine nicht das Stadtgebiet einer bundesdeutschen Stadt an einem Sommertag. Hier tut es eine der einfachsten Maßnahme, das Abdrücken, unter Beachtung der Hygienemaßnahmen.  So wie in den meisten Erste Hilfe Kursen auch vermittelt. Der Rettungsdienst übernimmt dann die weiteren Maßnahmen.

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In Brasilien steht den Einwohnern ein kostenfreies Gesundheitssystem zur Verfügung. Das sog. Sistema Unico de Saúde, kurz SUS. Flächendeckend sind diese SUS Stützpunkte in unterschiedlicher Besetzung und Leistungsfähigkeit über dieses riesige Land Brasilien verteilt. In manchen ist nur stundenweise eine Krankenschwester mit oder ohne Arzt tätig, andere sind mit mehr qualifiziertem medizinischen Personal über längere Zeiträume besetzt. Das hängt von Faktoren wie Infrastruktur, Bewohnerdichte, aber auch finanzieller Bereitschaft des jeweilig verantwortlichen Landkreises mit seinem Präfekten ab. Manche Bereiche investieren mehr, andere zahlen nur das notwendigste. Ich hatte die Möglichkeit eine Ärztin in ihrer Tätigkeit in einer ländlichen Gegend über mehrere Tage zu begleiten und Eindrücke über die medizinische Versorgung dort zu erlangen. Region Serra Azul, Staat Sao Paulo. Eine Kleinstadt als Verwaltungssitz mit etwa 15.000 Einwohnern. Darüber hinaus eine hohe Zahl kleiner und kleinster Ansammlungen von Bauernhöfen oder einfachen Häusern. Haupterwerbsquelle Bananen und Zuckerrohranbau.
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Immer wieder wird in Fachforen der Begriff des sog. Prolonged Field Care, kurz PFC diskutiert. Dabei wird diese Phase der Verwundetenversorgung oft als weitere, also vierte Phase des Tactical Comabt Casualty Care , kurz TCCC bezeichnet. Nach Care under Fire, Tactical Field Care und Tactical Evacuation Care, käme dann also das Prolonged Field Care. Taktik und Medizin hat sich der Thematik angenommen und die Philosophie einer Versorgung nach PFC mal genauer betrachtet. PFC ist keine weitere Phase des TCCC. Das schon einmal vorweg. Unter PFC versteht sich eine Versorgungspahse, die durchaus im Zusammenhang mit dem TCCC zu sehen ist, aber nicht ausschließlich. Zu komplex sind die Situationen und Verletzungen aber auch Erkrankungen, die zum PFC führen können.
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