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Trainieren für den Ernstfall

Carsten Dombrowski • 22. Oktober 2021

Muss es denn immer blutig sein oder was ist für den Einsatzfall den wirklich wichtig?

Egal welche Ausbildungen man derzeit betrachtet, überall wird angeblich für den sog. „Worst Case“, also der ultimativen Ausnahme /-Notfall trainiert. 
Wer Schwer kann, wird Leicht beherrschen. Grundsätzlich eine richtige Aussage.
Entspricht denn das auch wirklich der Realität oder wird hier häufig nur ein pauschales Fashion Thema jeder Zielgruppe in gleicher Manier übergestülpt? Ausbilden was derzeit on Vogue ist und sexy aussieht, dabei aber ein bisschen den Blick für die Wirklichkeit verloren zu haben.

Bilder oberhalb: Darauf sind wir trainiert, solche Szenarien sind actiongeladen.


Capsarius Akademie hat sich u.a. zur Aufgabe gemacht, Themen die im Szene Mainstream durch gehypt werden mal genauer zu beleuchten und auch durchaus kritisch zu hinterfragen.


Sehe ich dazu die Programme und Inhalte der verschiedenen Anbieter für „Taktische oder Remote Medizin“ an, finde ich immer wieder den Schwerpunkt bei der Blutstillung, dem „Stop the bleed“. Das mag auch im Falle eines schweren Traumas, ausgelöst durch Schussverletzungen, Explosionen nach IED etc., die wichtigste lebensrettende Maßnahme sein, aber seien wir doch mal ehrlich, wie häufig werden diese Art von Szenarien im Alltag eines professionellen Ersthelfers innerhalb und außerhalb Deutschlands auftreten?


Hier möchte ich ansetzen. Obwohl ich viele Male auch in Krisen, Kriegs oder Remotegebieten dieser Erde beruflich und privat unterwegs war, die Anzahl der zuvor beschriebenen Verletzten/ Verwundeten bedingt durch solche Auslöser, hielt sich in Grenzen. Sie kamen vor, aber die Wahrscheinlichkeit auf Patienten anderer Genese zu treffen, war für mich deutlich höher. So habe ich für mich auch im Rahmen meiner Ausbildungsseminare, speziell für zivile Zielgruppen stets den Satz geprägt, die Chance auf einen dehydrierten Menschen mit Zustand nach Durchfall zu treffen ist um einiges höher als einen Minenunfall mit Unterschenkelabriss zu versorgen.

Das mag jetzt auf den ersten Blick etwas platt, bzw. an den Haaren herbei gezogen klingen, aber die Realität zeigt uns, dass die Ausbildungskonzepte auch großer Organisationen scheinbar nur schwarz und weiß kennen. Bestes Beispiel ist die Bundeswehr mit der Umstellung ihrer allgemeinen Ersten Hilfe Ausbildung (Helfer im Sanitätsdienst), weg vom allgemeinen Ersthelfer hin zum Einsatzersthelfer Alpha. Reanimationstraining, Versorgung von allgemeinen medizinischen Erkrankungen wurde zugunsten der reinen Trauma Versorgung, mittels Tourniquet und Bandage gestrichen oder zumindest zeitlich deutlich gekürzt. Quasi nach dem Motto, als Bundeswehrsoldat treffe ich nahezu ausschließlich auf schwerste Verletzungen, mit massiver Blutung.  Wie gesagt, eine gesunde Mischung aus beiden Themenblöcken hätte die Realität potentieller medizinischer Notfälle wohl eher abgedeckt. Ja, ich weiß das alles geschah als der Einsatz in Afghanistan immer blutiger wurde und hier der Schwerpunkt einer Sanitätsausbildung gesehen wurde. Das Abnahmen vom Motorradhelm als überflüssiges Negativbeispiel, wurde dabei stets als Begründung für diese Entscheidung zitiert.


Nehmen wir eine andere Zielgruppe, die der professionellen Personenschützer. Auch hier ähnliche Muster. Trauma Versorgung, nach Beschuss oder Anschlag. Das mag auch wieder seine Richtigkeit haben, wenn ich mich an der Devise des sog. „Worst Case“ orientiere. Aber auch hier wieder die Frage nach Realität und Vorstellung. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schutzperson ein internistisches Problem entwickelt, versus der, eine Schussverletzung zu erleiden. Gerade ältere Personengruppen, also Firmeninhaber oder Politiker sind häufig internistisch vorerkrankt und geraten schnell mal in eine brenzlige Situation irgendwo im Ausland, ausgelöst durch klimatische oder anderweitige Reiseumstände. Wie steht es aber um die Befähigung der meisten Personenschützer eine internistische Krise zu erkennen, zu behandeln und weitere Schritte einzuleiten?


Fragen Sie sich das doch am besten mal selbst innerhalb Ihres CPT (Close Protektion Teams)

Wäre es nicht angebracht, gerade hier mal nachzubessern? Der Personenschützer ist vermutlich die klassische, eierlegende Wollmilchsau. Er sollte quasi alles können um im Notfall richtig handeln zu können. Hochtrainiert, ausgerüstet und motiviert. Nimmt seine Schutzperson dann irreparable oder gar tödlichen Schaden, da der sportliche, smarte und für fast alle Lebenslagen gerüstete Schützer eine anaphylaktische Reaktion nicht erkennen kann oder einen beginnenden Herzinfarkt nicht notfallmäßig behandeln kann, da er sein Medical Planning sträflich vernachlässigt hat und eine geeignete Zielklinik nicht ad hoc finden kann. Ein Waffenträger wie er im Buche steht und dann Versagen auf der gesamten Breite, wegen einer vermeintlichen Lappalie? 

Bilder oberhalb: Das ist eher die Realität, plötzliche Bewusstlosigkeit, Sturz beim Sport oder Kreislaufkollaps


Was möchte ich mit diesem Blog zum Ausdruck bringen? Ich möchte aufzeigen, dass es für die unterschiedlichen Zielgruppen individuell maßgeschneiderte Ausbildungen geben muss.

Das gilt für taktisch, operative Themen genauso wie für die Erste Hilfe. Pauschale Kurse für Jedermann können zwar eine Grundlage bilden, reichen aber für Profis nicht aus. Lassen Sie sich individuell beraten und passen Sie Ihre medizinische Ausrüstung, aber auch das dazugehörige Training, an Ihre Bedürfnisse an. Achten Sie aber auch hier stets darauf, dass auch hier regelmäßig und zielorientiert nachgebessert werden muss.

Ein Erste Hilfe Wissen einmal erworben, muss aufgefrischt und vertieft werden. Wechselnde Klimazonen, Infrastruktur und Gefahrenlagen wollen darin ihre Berücksichtigung finden. Selbstverständlich auch Aspekte der Taktischen Medizin.


Wir von Capsarius Akademie beraten Sie dabei sehr gerne. Schreiben Sie uns an und besprechen Sie mit uns die weiteren Schritte. Wir sind bei der Lösung der Herausforderung sehr erprobt und äußerst flexibel. Ein großartiges und erfahrenes Team aus Ärzten und Medics wartet auf Sie. Abonnieren Sie auch unseren Newsletter Callsign Doc und werden dadurch ein Teil der stetig wachsenden Community rund um das Thema "Medizin außerhalb der Komfortzone".

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In Brasilien steht den Einwohnern ein kostenfreies Gesundheitssystem zur Verfügung. Das sog. Sistema Unico de Saúde, kurz SUS. Flächendeckend sind diese SUS Stützpunkte in unterschiedlicher Besetzung und Leistungsfähigkeit über dieses riesige Land Brasilien verteilt. In manchen ist nur stundenweise eine Krankenschwester mit oder ohne Arzt tätig, andere sind mit mehr qualifiziertem medizinischen Personal über längere Zeiträume besetzt. Das hängt von Faktoren wie Infrastruktur, Bewohnerdichte, aber auch finanzieller Bereitschaft des jeweilig verantwortlichen Landkreises mit seinem Präfekten ab. Manche Bereiche investieren mehr, andere zahlen nur das notwendigste. Ich hatte die Möglichkeit eine Ärztin in ihrer Tätigkeit in einer ländlichen Gegend über mehrere Tage zu begleiten und Eindrücke über die medizinische Versorgung dort zu erlangen. Region Serra Azul, Staat Sao Paulo. Eine Kleinstadt als Verwaltungssitz mit etwa 15.000 Einwohnern. Darüber hinaus eine hohe Zahl kleiner und kleinster Ansammlungen von Bauernhöfen oder einfachen Häusern. Haupterwerbsquelle Bananen und Zuckerrohranbau.
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Immer wieder wird in Fachforen der Begriff des sog. Prolonged Field Care, kurz PFC diskutiert. Dabei wird diese Phase der Verwundetenversorgung oft als weitere, also vierte Phase des Tactical Comabt Casualty Care , kurz TCCC bezeichnet. Nach Care under Fire, Tactical Field Care und Tactical Evacuation Care, käme dann also das Prolonged Field Care. Taktik und Medizin hat sich der Thematik angenommen und die Philosophie einer Versorgung nach PFC mal genauer betrachtet. PFC ist keine weitere Phase des TCCC. Das schon einmal vorweg. Unter PFC versteht sich eine Versorgungspahse, die durchaus im Zusammenhang mit dem TCCC zu sehen ist, aber nicht ausschließlich. Zu komplex sind die Situationen und Verletzungen aber auch Erkrankungen, die zum PFC führen können.
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