Das UN Mandat für die Mission MINURSO beinhaltet die Überwachung der beiden Konfliktparteien. In meinem Fall musste ich die Einheiten der marokkanischen Armee überprüfen. Diese waren westlich der Waffenstillstandslinie stationiert. Hier lag meine Team Side aus der heraus die Patrouillen gestartet wurden.
Marokko hat in diesem Raum eine mechanisierte Brigade stationiert. Diese steht tief gestaffelt bis zu 15 Kilometer hinter dem BERM. (Sandwall der die Konfliktparteien trennt)
Im Rahmen der Patrouillen aus der Luft ließen sich die Stellungen und Einheiten meist gut erkennen. Ich habe mich bei der Betrachtung stets an meine Taktikausbildung an der Offiziersschule erinnert gefühlt. Schon fast klassisch stehen dort Infanterie in Stellungen, dahinter mechanisierte, mobile Kräfte als schnelle Reaktionskräfte und Artillerie im rückwärtigen Gefechtsstreifen.
Bilder oberhalb: Militäreinheiten in Mitten der Wüste
Für die tägliche Arbeit am Boden bedeutete das, Einheiten bis auf Kompaniebene mühselig anzufahren. Nach stundenlager Fahrt auf Wüstenpisten, dort angekommen dann ein Protokoll abzuarbeiten. In diesem Protokoll wurden Angaben zur Tagesdienststärke, Bewaffnung, Einsatzfähigkeit der jeweiligen Einheit erfasst. Nun kann sich jeder vorstellen, das keine Armee der Welt seine tatsächliche Einsatzbereitschaft, also den Klarstand seiner Gefechtsfahrzeuge Preis gibt. So auch nicht die marokkanischen Einheiten. Teilweise mutierten diese Fragestunden zur richtigen Farce. Wenn der wachhabende Unteroffizier seinen Vorgesetzten nicht erreichte und den am Schlagbaum wartenden UN Soldaten schlicht die Einfahrt in den Stützpunkt verweigerte. Trotz der hochoffiziellen Genehmigung seitens politischer Mandate, hatte man vor Ort keinerlei Handhabe etwas dagegen zu tun. Ein nerviges Katz und Mausspiel. Auch wurden die Waffen nicht körperlich gezählt, sondern man verließ sich auf die mündlichen Angaben. Eine Zählung von hunderten Handwaffen hätte auch jeden Zeitplan gesprengt.
Bei Großgerät war das dann wieder einfacher. Kampfpanzer und Panzerhaubitzen waren leicht zu zählen. Über eine Einsatzfähigkeit konnte aber auch nur spekuliert werden. Ggf. konnten aber für ein geübtes militärisches Auge, Hinweise wie verrostete Ketten oder fehlende Fahrspuren Hinweise auf Bewegungen in der jüngeren Zeit erkennbar sein.
Die gesammelten Informationen wurden als Patrouillenbericht an das UN Hauptquartier in LAYOUN gemeldet. Dort wurden sie ausgewertet und an die UN in New York weitergeleitet. Die Vorfälle wie Zutrittsverweigerung wurden direkt an die Kommandeure der marokkanischen Streitkräfte Westsahara gemeldet, was mit dem Versprechen auf Abhilfe quittiert wurde. Über die Umsetzung dieser Unterstützungszusage muss ich mich nicht auslassen. Eine schier unendliche Bürokratie mit kaum messbaren Ergebnissen. Willkommen in der Welt der internationalen Politik.
Abschließend blieben mir zwei Dinge in Erinnerung. Zum einen die quälende Frage was diese vielen mühseligen Patrouillen gebracht haben, besonders wenn die Ergebnisse oft eher fragwürdig waren. Zum anderen, eine gewisse Faszination über die schlichte Feldtauglichkeit dieser Einheiten irgendwo im Nirgendwo. Ich habe mir natürlich oft vorgestellt, wie unsere europäischen Armeen unter diesen einfachen, fast schon primitiven Bedingungen über solch lange Zeit im Felde bestehen könnten. Dies nahezu ohne jeglichen Komfort. Zumindest auf den Ebenen Kompanie oder Bataillon.