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UN Militärbeobachter Teil 13

Carsten Dombrowski • 7. September 2021

Eine Armee im Felde

Das UN Mandat für die Mission MINURSO beinhaltet die Überwachung der beiden Konfliktparteien. In meinem Fall musste ich die Einheiten der marokkanischen Armee überprüfen. Diese waren westlich der Waffenstillstandslinie stationiert. Hier lag meine Team Side aus der heraus die Patrouillen gestartet wurden.

Marokko hat  in diesem Raum eine mechanisierte Brigade  stationiert. Diese steht tief gestaffelt bis zu 15 Kilometer hinter dem BERM. (Sandwall der die Konfliktparteien trennt

Im Rahmen der Patrouillen aus der Luft ließen sich die Stellungen und Einheiten meist gut erkennen. Ich habe mich bei der Betrachtung stets an meine Taktikausbildung an der Offiziersschule erinnert gefühlt. Schon fast klassisch stehen dort Infanterie in Stellungen, dahinter mechanisierte, mobile Kräfte als schnelle Reaktionskräfte und Artillerie im rückwärtigen Gefechtsstreifen.

Bilder oberhalb: Militäreinheiten in Mitten der Wüste


Für die tägliche Arbeit am Boden bedeutete das,  Einheiten bis auf Kompaniebene  mühselig anzufahren. Nach stundenlager Fahrt auf Wüstenpisten, dort angekommen dann ein Protokoll abzuarbeiten. In diesem Protokoll wurden Angaben zur Tagesdienststärke, Bewaffnung, Einsatzfähigkeit der jeweiligen Einheit erfasst. Nun kann sich jeder vorstellen, das keine Armee der Welt seine tatsächliche Einsatzbereitschaft, also den Klarstand seiner Gefechtsfahrzeuge Preis gibt. So auch nicht die marokkanischen Einheiten. Teilweise mutierten diese Fragestunden zur richtigen Farce. Wenn der wachhabende Unteroffizier seinen Vorgesetzten nicht erreichte und den am Schlagbaum wartenden UN Soldaten schlicht die Einfahrt in den Stützpunkt verweigerte. Trotz der hochoffiziellen Genehmigung seitens politischer Mandate, hatte man vor Ort keinerlei Handhabe etwas dagegen zu tun. Ein nerviges Katz und Mausspiel. Auch wurden die Waffen nicht körperlich gezählt, sondern man verließ sich auf die mündlichen Angaben. Eine Zählung von hunderten Handwaffen hätte auch jeden Zeitplan gesprengt.

Bei Großgerät war das dann wieder einfacher. Kampfpanzer und Panzerhaubitzen waren leicht zu zählen. Über eine Einsatzfähigkeit konnte aber auch nur spekuliert werden. Ggf. konnten aber für ein geübtes militärisches Auge, Hinweise wie verrostete Ketten oder fehlende Fahrspuren Hinweise auf Bewegungen in der jüngeren Zeit erkennbar sein.

Die gesammelten Informationen wurden als Patrouillenbericht an das UN Hauptquartier in LAYOUN gemeldet. Dort wurden sie ausgewertet und an die UN in New York weitergeleitet. Die Vorfälle wie Zutrittsverweigerung wurden direkt an die Kommandeure der marokkanischen Streitkräfte Westsahara gemeldet, was mit dem Versprechen auf Abhilfe quittiert wurde. Über die Umsetzung dieser Unterstützungszusage muss ich mich nicht auslassen. Eine schier unendliche Bürokratie mit kaum messbaren Ergebnissen. Willkommen in der Welt der internationalen Politik.

Abschließend blieben mir zwei Dinge in Erinnerung. Zum einen die quälende Frage was diese vielen mühseligen Patrouillen gebracht haben, besonders wenn die Ergebnisse oft eher fragwürdig waren. Zum anderen, eine gewisse Faszination über die schlichte Feldtauglichkeit dieser Einheiten irgendwo im Nirgendwo. Ich habe mir natürlich oft vorgestellt, wie unsere europäischen Armeen unter diesen einfachen, fast schon primitiven Bedingungen über solch lange Zeit im Felde bestehen könnten. Dies nahezu ohne jeglichen Komfort. Zumindest auf den Ebenen Kompanie oder Bataillon.

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In Brasilien steht den Einwohnern ein kostenfreies Gesundheitssystem zur Verfügung. Das sog. Sistema Unico de Saúde, kurz SUS. Flächendeckend sind diese SUS Stützpunkte in unterschiedlicher Besetzung und Leistungsfähigkeit über dieses riesige Land Brasilien verteilt. In manchen ist nur stundenweise eine Krankenschwester mit oder ohne Arzt tätig, andere sind mit mehr qualifiziertem medizinischen Personal über längere Zeiträume besetzt. Das hängt von Faktoren wie Infrastruktur, Bewohnerdichte, aber auch finanzieller Bereitschaft des jeweilig verantwortlichen Landkreises mit seinem Präfekten ab. Manche Bereiche investieren mehr, andere zahlen nur das notwendigste. Ich hatte die Möglichkeit eine Ärztin in ihrer Tätigkeit in einer ländlichen Gegend über mehrere Tage zu begleiten und Eindrücke über die medizinische Versorgung dort zu erlangen. Region Serra Azul, Staat Sao Paulo. Eine Kleinstadt als Verwaltungssitz mit etwa 15.000 Einwohnern. Darüber hinaus eine hohe Zahl kleiner und kleinster Ansammlungen von Bauernhöfen oder einfachen Häusern. Haupterwerbsquelle Bananen und Zuckerrohranbau.
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Immer wieder wird in Fachforen der Begriff des sog. Prolonged Field Care, kurz PFC diskutiert. Dabei wird diese Phase der Verwundetenversorgung oft als weitere, also vierte Phase des Tactical Comabt Casualty Care , kurz TCCC bezeichnet. Nach Care under Fire, Tactical Field Care und Tactical Evacuation Care, käme dann also das Prolonged Field Care. Taktik und Medizin hat sich der Thematik angenommen und die Philosophie einer Versorgung nach PFC mal genauer betrachtet. PFC ist keine weitere Phase des TCCC. Das schon einmal vorweg. Unter PFC versteht sich eine Versorgungspahse, die durchaus im Zusammenhang mit dem TCCC zu sehen ist, aber nicht ausschließlich. Zu komplex sind die Situationen und Verletzungen aber auch Erkrankungen, die zum PFC führen können.
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