Vom leichten zum Schweren
Speziell für Beginner, also Kurs und Lehrgangsteilnehmer in den ersten Phasen der praktischen Ausbildung oder sehr junges Publikum, sind einfach Darstellungen zu empfehlen, schon allein, um keine Überforderung zu produzieren. Blutige Stümpfe mit heftig agierenden Darstellern einem Teilnehmer von San Grundlagenlehrgängen in der ersten Praxisphase zu zeigen bedeutet Stress pur und verschreckt mehr als das es hilft. Der Sprung in das viel zitierte kalte Wasser ist nicht immer die richtige Entscheidung. Heranführen an das Thema Verletzungen, Wunden und den daraus resultierenden Stress für Helfer ist meiner Meinung nach der sanftere und bessere Weg. Dies wird u.a. auch von führenden Lernpädagogen und Psychologen unterstrichen. Hier ist die Kernaussage stets ähnlich, indem davon gesprochen wird mittels kleiner Verletzungsmuster einen zukünftigen Helfer langsam an die Thematik heranzuführen, schon allein um den Umgang mit möglichen Stressoren peu a peu, erträglich gestaltet zu erlernen. Bei der Prophylaxe zur Verhinderung von möglichen Posttraumatischen Belastungsreaktionen, auch beim Personal von Rettungsdiensten und anderen Ersthelfern kann diese Art der Ausbildung eine bedeutende Rolle spielen.
Über diesen Aspekt hinaus gibt die Darstellung von leichten oder mittels improvisierter Verletztendarstellung für den Ausbilder die Möglichkeit den Schwerpunkt seiner Ausbildung ggf. auf andere Bereiche wie z.B. taktische Aspekte oder Ablauforganisation einer Rettungsaktion zu legen. Hier ist eine angedeutete Darstellung von Wunden, quasi nur Mittel zum Zweck. Die eigentliche, intensive Versorgung ist eher nachgeordnet. Triage Übungen sind ein klassisches Beispiel dafür.
Wie kann nun eine leichte oder rudimentäre Darstellung von Verletzungen aussehen? Die Nutzung von Tape, Pflaster, Klebebändern oder anderen einfachen Mitteln ist dabei eine gute Möglichkeit.
Mit der Information darüber, welches Zeichen welche Art der Blutung etc. darstellt ausgestattet, kann der Lehrgangsteilnehmer nun ein Szenario mit einer speziellen Fragestellung oder einem Handlungauftrag abarbeiten.
Ein Beispiel dafür, ein terroristischer Anschlag oder ein Verkehrsunfall mit taktischen Einflüssen das eine Evakuierung von Verletzten/ Verwundeten aus einem Gefahrenbereich zu Folge haben soll. Quasi die sog. Care under Fire oder Care under Danger Phase. Hier können schnell viele Verletzte vorbereitet werden und der Schwerpunkt des Ausbilders auf die Darstellung von Rauch oder anderer Pyrotechnik liegen.
Anbei ein paar Beispiele wie so etwas aussehen könnte. Genutzt wurde zur Darstellung weißes Sporttape. Bei Bedarf lassen sich hier noch Zusatzinformation, wie z.B. Verbrennungsgrade oder Hinweise auf offene Frakturen vermerken.
Einfacher, kurzer Streifen = leichte Blutung, keine Lebensbedrohung
Das die Kenner und Befürworter von knallharten Bilder bei den zuvor dargestellten “Wunden” eher die Stirn runzeln ist verständlich. Wie aber bereits gesagt, alles zu seiner Zeit unter Berücksichtigung des Ausbildungsziels und der Ausbildungsmittel. RUD darf kein Selbstzweck sein. Ich denke jeder erfahrene Ausbildungsleiter kennt die Situation, wenn ein hochmotiviertes Darsteller Team einer örtlichen RUD Gruppe, den Zeitplan auf Grund der Vor und Nachbereitung völlig aus dem Ruder laufen lässt.
Mittlere Wunden, die bereits erste Verletzungen mehr oder weniger realistisch zeigen können und sollen, lassen sich mittels sog. Moulagen darstellen. Diese sind in der Regel ebenfalls schnell anzubringen und notfalls mit ein wenig flüssigem Update “blutig” zu gestalten. Hierfür wird sehr häufig eine rote Flüssigkeit oder Kunstblut auf die Moulage aufgebracht. Auch der Einsatz von Ü Bbekleidung die dazu entsprechend verändert wird, vertieft den Eindruck des jeweiligen Verletzungsmusters. Die US Army, aber auch die Bundeswehr hat hierfür sog. Darstellungssätze Verletzungsmuster. Schnell und nahezu überall anlegbar können somit schnell, auch viele Verwundete präpariert werden.
Nachteil dieser Moulagen ist häufig das starre Material, das speziell bei sehr kalten Temperaturen absteht und etwas linkisch oder künstlich wirkt. Wenn die Darstellung jedoch in Üb Bekleidung eingearbeitet werden kann, quasi unter eine Stoffschicht gebracht wird, die selbige dann mittels Kunstblut benetzt wird, lassen sich auch hier gute bis sehr gute Bilder stellen. Auch gibt es von diversen zivilen Anbietern kostengünstige und schnell anwendbare Kunstwunden, die selbsthaftend auf die Haut des Rollendarstellers aufgebracht werden können.
Anbei ein paar Beispiele über die zuvor genannten Moulagen. Sicher lassen sich auch aus diversen Fachgeschäften oder aber auch aus dem Funduz von Theaterausstattung bis hin zu Hälloweenartikeln viele gute Moulagen erstellen. Gerade letztere sind häufig noch sehr günstig zu bekommen und belasten den meist eh schmalen Haushalt nicht zu sehr. Einfach dazu mal durch die sog. 1 Euro Shops streifen und speziell zur Faschings oder Hälloweenzeit einkaufen gehen. Finger, Füße oder andere Gliedmaßen sind massig im Sortiment solcher Läden.
Eine Art Zwischenlösung oder zusätzlicher Stress/- lernfaktor ist die Verwendung von tierischen Exponaten zur Ergänzung von Wunddarstellung. Ein Thema das sehr unterschiedlich diskutiert wird. Auch wenn die Zahl der die Gesamtthematik kritisch bewertenden Fraktion eher gering ist, muss jedem Ausbildungsleiter der Umstand bekannt sein, dass dieses Thema seriös und korrekt angegangen werden muss. Mal eben was aus der heimischen Gefriertruhe oder gar nen “Roadkill” einzuarbeiten ist ein absolutes No Go.
Sollten sie diese Tierteile für Unterrichte aus dem Spektrum der Anatomie, oder zur Darstellung von Wunden nutzen, dann gilt es klare Spiel/- und Verhaltensregeln einzuhalten.
Wenn sie konkrete Fragen zu diesem Thema haben, fragen sie einfach bei ihrem örtlichen Gesundheitsamt, Dienstaufsichtsbehörde oder beim Hyiegenebeauftragten nach. Als Voraborientierung anbei ein paar Hinweise zur Nutzung von Tierpräperaten.
Wenn sie diese Punkte schon einmal berücksichtigen, sollte der Nutzung eigentlich nichts im Wege stehen.
1.) Die Präparate müssen aus einem veterinärtechnisch überwachten Betrieb stammen. Jeder seriöse Schlachthof hierzulande erfüllt diese Voraussetzungen.
2.) Beim Umgang mit den tierischen Produkten muss absolute Hyiegene beachtet werden. Handschuhe, ggf. Schutzbekleidung, Tischabdeckungen, Händedesinfektion und Abwurfbehälter sind dabei ein paar wesentliche Elemente.
3.) Bei kompletten Tieren, wie z.B. Schweinen, muss das Tier ausgenommen sein und weitere Maßnahmen wie die Entnahme der Augen erfolgt sein. Quasi den Zustand eines Spanferkels haben. Das Arbeiten an kompletten Tieren ist nur Instituten mit wissenschaftlichem Auftrag, wie z.B. eine Universität es ist, erlaubt.
4.) Die Darstellung von Wunden oder ähnliches muss unter ethisch pietätvollen Gesichtspunkten geschehen. Ein Tier, dessen Organe sie z.B. nutzen ist ein Lebewesen.
5.) Die nach Ausbildungsende zu koorinierende Entsorgung geschieht nach den Vorgaben der örtlichen Organisationen, bzw. Entsorgungsbetriebe. Hierbei gibt es bei Teilen des Materials, dass diese durchaus über die Küchen einer Behörde als Speiseabfälle entsorgt werden können. Dazu müssen natürlich medizinische Maßnahmen zurückgebaut werden. D.h. Wundnähte oder Drainagen entfernt werden. Bei größeren Tierpräperaten muss ggf. der regionale Tierkadaverbeseitiger konsultiert werden.
Wie auch immer sie es anstellen. Der Einsatz solcher Darstellungsmittel bedeutet etwas mehr Aufwand. Ein Aufwand, der sich aber gerade bei routiniertem und bereits erfahrenen Kursteilnehmern lohnt und stark zum besseren anatomischen Verständnis beiträgt, sowie dessen Stärke bedingt durch die absolute Realitätsnähe auch ein gewisses Stück zur Robustheitsbildung beiträgt.
Bilder oberhalb: Schweinegurgeln und Haut zum Üben der sog. Notkoniotomie. Gut erkennbar der Stempel des Schlachthofes auf der Schweinehaut., darunter Rippen zum Erlernen einer Entlastungspunktion.
Die absolute Form der Realistischen Wunddarstellung zieht ganz sicher Blicke und Bekundungen der Begeisterung auf sich. Moulagen unterschiedlichster Art und Qualität, Kunstblut und diverse zusätzliche Utensilien lassen die Unterschiede zwischen Üb und Echt teilweise schnell verschmelzen. Wer keine Kosten und Mühen scheuen muss und will, kann inzwischen aus dem Vollen schöpfen. Die Darstellungsmittel haben sich in den letzten Jahren sehr stark verbessert. Dies gilt auch für Ganzkörper Dummys, die teilweise für die Filmindustrie kreiert, auch den Trainingseinrichtungen zur Verfügung stehen. Auch zu diesem Thema wird es in einer späteren Ausgabe von T & M einen ausführlichen Artikel geben.
Für eine Art der Lehrvorführung, zur Erstellung von Lehrvideos oder im Rahmen von Abschlussprüfungen ist der Einsatz solcher Hochwert Esset gerechtfertigt, fast schon notwendig. Wer in der Champions Leage der TCCC Ausbildung, aber auch anderer medizinischer Themenbereiche mitspielen möchte, kommt an diesen Darstellungsmitteln nicht vorbei. Das ein Einsatz solcher Mittel entsprechende Zeit und qualifiziertes Personal voraussetzt ist selbstredend. Ein Aufwand der sich aber auf alle Fälle lohnt.
Folgend auch zu dieser Form der Wunddarstellung ein paar sehr eindrucksvolle und plakative Bilder. Gut zu erkennen sind hier kaschierende, offene Verletzungen, die aufwendig geschminkt auch Wirkung beim potentiellen Helfer erzielen. Könnte dies ja im Rahmen der taktischen Betrachtung durchaus ein Ziel neben der eigentlichen medizinischen Versorgung sein. Daneben dann ebenfalls gute Darstellungen von Problembereichen, diese aber eher verdeckt durch Üb Bekleidung, um auch diesen Aspekt bei einer möglichen Patientensichtung zu vermitteln. Der Phantasie und Bandbreite sind hierbei nahezu keine Grenzen gesetzt. Teilweise lassen sich auch Mischformen der Darstellung aus allen 4 Varianten nutzen.
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