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UN Militärbeobachter Teil 14

Carsten Dombrowski • 7. Oktober 2021

Offizier, Mensch und Repräsentant seines Landes

Die Einsatzzeit von 6 Monaten, mit entbehrungsreichem Leben in einer Team Side, in Verbindung mit weit über 10.000 Kilometern Patrouille in der Wüsten hinterließen Spuren. Körperliche, aber auch psychische. Die Haut wurde dünner, das Nervenkostüm manchmal stark beansprucht. 
All diese Erscheinungen waren normal und traten bei jedem Militärbeobachter vor Ort früher oder später in unterschiedlicher Form auf. Unterschiedlich war jedoch die Art und Weise mit solchen Stresssymptomen umzugehen. Auch hier waren sehr unterschiedliche Mechanismen zu erkennen. Einzelne zogen sich weitgehend zurück und schafften eine 10 stündige Fahrt mit wenigen Sätzen der Kommunikation zu bewerkstelligen. Andere bekamen richtige Wutausbrüche. Wie gesagt, war die Bandbreite dabei sehr individuell. 

 Auch ich war bedingt durch die verschiedensten Faktoren gestresst. Da war es die fehlende, soziale Kompetenz der Kameraden, oder die Ungerechtigkeit bei der Verteilung der Aufträge oder die Schwerfälligkeit des UN Systems selbst Gründe gab es immer mal Dampf ablassen zu müssen. Wichtig aber war bei der ganzen Dramatik, die zum Glück nie nachhaltig anhielt, dass der Rahmen des Dampfablassens nicht überzogen wurde. Man war ja quasi 7/24 unter internationaler Beobachtung und war in diesen Ausnahmesituationen dann nicht Carsten oder Privatperson, sondern ein Deutscher Offizier, der sich gerade völlig daneben benimmt. 

Stereotypen die uns überall hin begleiten gewinnen dann plötzlich enorme Gewichtung und werden deutlich als Negativbewertung aufgezeigt. Ich selbst hatte natürlich auch Momente, in denen ich laut und grob wurde, mangels hundertprozentiger Sprachkenntnisse dann auch ganz sicher die falschen Worte genutzt hatte und so kam dann eins zum anderen. Schnelle Einsicht über einen begangenen Fehler, Selbstreflektion oder die Annahme kameradschaftlicher Hinweise halfen aber stets aufkeimenden Ärger schon im Keim zu ersticken. 

Wichtig aber war zu wissen, wer man selbst ist, was einen z.B. als Deutscher, Christ und Offizier ausmacht und diese Werte dann auch zu behaupten. Sich zu verbiegen machte unglaubwürdig und rief Unverständnis hervor. Interkulturelle Selbstachtung und Fremdachtung waren gute Säulen bei Konflikten. Wissen wie die anderen, aber man selber tickt und wahrgenommen wird.

Besonderes Augenmerk lag auf allen UN Beobachtern, wenn es darum ging nationale Gedenk oder Feiertage auszurichten. In meinem Fall lag der Tag der Deutschen Einheit, aber auch Weihnachten und Neujahr im Einsatzzeitraum. Wir vier Deutschen mussten deshalb einen landestypischen Abend ausrichten und die anwesende Community unterhalten, sowie bewirten. Keine leichte Aufgabe. Der Flaggenapell mit abspielen der Nationalhymne war dabei noch der leichteste Teil.


In einem muslemischen Land Weißwürste und Bierkultur als bayerischen Anteil des weltweit bekannten Oktoberfestes zu präsentieren war eine logistische und interkulturelle Meisterleistung. Das Thema Drittes Reich und Wiedervereinigung Pflichtfelder bei der Darstellung unseres Landes. Wie auch immer, es war uns gut gelungen und wir konnten die abendlichen Gäste überzeugen. Ganz nebenbei ist die Zahl der internationalen UN Mitarbeiter, die Verwandte im Bundesgebiet haben und schon mal in Deutschland waren enorm. Immer wieder wird man teilweise in gutem Deutsch angesprochen.

Wir sind einfach manchmal typisch deutsch und fallen auf. Dazu stehen und darüber schmunzeln ist eine gute Weise Humor zu zeigen. Humor wird uns Deutschen ja eigentlich abgesprochen. Warum also nicht das Gegenteil beweisen mit einer Portion Selbstironie. Das tun andere Nationen auch.

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In Brasilien steht den Einwohnern ein kostenfreies Gesundheitssystem zur Verfügung. Das sog. Sistema Unico de Saúde, kurz SUS. Flächendeckend sind diese SUS Stützpunkte in unterschiedlicher Besetzung und Leistungsfähigkeit über dieses riesige Land Brasilien verteilt. In manchen ist nur stundenweise eine Krankenschwester mit oder ohne Arzt tätig, andere sind mit mehr qualifiziertem medizinischen Personal über längere Zeiträume besetzt. Das hängt von Faktoren wie Infrastruktur, Bewohnerdichte, aber auch finanzieller Bereitschaft des jeweilig verantwortlichen Landkreises mit seinem Präfekten ab. Manche Bereiche investieren mehr, andere zahlen nur das notwendigste. Ich hatte die Möglichkeit eine Ärztin in ihrer Tätigkeit in einer ländlichen Gegend über mehrere Tage zu begleiten und Eindrücke über die medizinische Versorgung dort zu erlangen. Region Serra Azul, Staat Sao Paulo. Eine Kleinstadt als Verwaltungssitz mit etwa 15.000 Einwohnern. Darüber hinaus eine hohe Zahl kleiner und kleinster Ansammlungen von Bauernhöfen oder einfachen Häusern. Haupterwerbsquelle Bananen und Zuckerrohranbau.
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Immer wieder wird in Fachforen der Begriff des sog. Prolonged Field Care, kurz PFC diskutiert. Dabei wird diese Phase der Verwundetenversorgung oft als weitere, also vierte Phase des Tactical Comabt Casualty Care , kurz TCCC bezeichnet. Nach Care under Fire, Tactical Field Care und Tactical Evacuation Care, käme dann also das Prolonged Field Care. Taktik und Medizin hat sich der Thematik angenommen und die Philosophie einer Versorgung nach PFC mal genauer betrachtet. PFC ist keine weitere Phase des TCCC. Das schon einmal vorweg. Unter PFC versteht sich eine Versorgungspahse, die durchaus im Zusammenhang mit dem TCCC zu sehen ist, aber nicht ausschließlich. Zu komplex sind die Situationen und Verletzungen aber auch Erkrankungen, die zum PFC führen können.
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