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UN Militärbeobachter Teil 6

Carsten Dombrowski • 24. Mai 2021

Teamside SMARA und Following the Dust 


Für meinen Einsatz wurde mir die Teamsite SMARA zugewiesen. Insgesamt werden unter dem Mandat MINURSO (Mission des Nations Unies pour lórganisation d ́un referendum au Sahara occidental ) 9 Teamsites besetzt. 4 westlich und 5 ostwärts vom sog. BERM. 



BERM, gemäß Wikipedia: 

Berm ist der aus dem Arabischen stammende Eigenname für den marokkanischen Sandwall in der Westsahara, der den von Marokko verwalteten und kontrollierten Teil des Gebietes von der sog. Freien Zone trennt, die weitgehend von den Polisario-Rebellen bzw, der Regierung der international nur teilweise anerkannten Demokratischen Arabischen Republik (DARS) kontrolliert wird.



Die gestrichelte Linie stellt den etwa 1600 Kilometer langen BERM dar.


Die Teamsite hat den Vorteil, das sie an die Stadt SMARA oder El SMARA angrenzt und zumindest den Hauch von Zivilisation spüren lässt. Ein Faktor der bei solch langen Einsatzzeiträumen nicht zu unterschätzen ist. Die anderen Teamsites liegen teils wirklich im Nirgendwo und haben entsprechend wenig Möglichkeiten zum Ausgleich. Auch sind auch nur sehr schwierig zu erreichen. Nachteil der Teamsite war aber auch die Funktion als logistischer Umschlagplatz für Personal und Material im Norden des Einsatzraums. Dadurch gab es immer eine Menge zusätzlicher Arbeit und viel Unruhe durch logistische Bewegungen.


Nach Ankunft auf dem Militärflugplatz in SMARA ging es per Fahrzeug in das angrenzende Lager, dem UN Camp SMARA. Hier lag bei meiner Ankunft alles in schläfriger Mittagssonne und ich bezog erst einmal meinen Container. 15 qm Privatsphäre. Sandig, staubig und mit einem tropfenden, sowie brummenden Klimagerät ausgestattet, begann ich mir mein neues Zuhause einzurichten. Nach etwa 2 Stunden Grundreinigung konnte ich erst einmal so etwas wie Zufriedenheit spüren.


Lange Zeit über die ersten Unzulänglichkeiten zu philosophieren hatte ich jedoch nicht. Nach einer kurzen Nacht stand meine erste Einweisung in den Alltag und Dienstablauf an. Das 50 Kilowatt Stromerzeugungsaggregat, welches das Camp mit Strom versorgte und 7/24 lief, gehörte erst einmal zu meinen ersten Aufgaben. Alle Neulinge müssen “Aggregatdienst “ übernehmen. Also die Servicearbeiten an diesem lärmenden Großgerät übernehmen. Ein undankbarer Dienst, da laut und schmutzig. Leider stand dieses Monstrum etwa 50 Meter von meinem Unterkunftscontainer entfernt, was zu meiner unruhigen und kurzen Nacht führte. Dieser Umstand hielt während des gesamten Einsatzes an, was zu einem fast schon chronischen Schlafmangel führte. Stellen Sie sich vor, Sie schlafen fast direkt neben einem laufenden LKW Motor. 


Heimeliger Unterkunftscontainer in Mitten der weiten Wüste.


Neben der Einweisung in die Liegenschaft bekam ich noch 2 weitere Nebenaufgaben in mein Lastenheft diktiert. Zum einen wurde ich erster Hygieneoffizier und darüber hinaus zweiter Campoffizier. Erste Funktion nahm ich hauptverantwortlich, zweitere als Backup für den Hauptverantwortlichen wahr. Neben der eigentlichen Tätigkeit, dem Patrouillenfahren, wurden sämtliche Aufgaben in der Team Side durch die Militärbeobachter in Nebenfunktion ausgeübt. Zusätzliches Personal wie in NATO Einsätzen, steht hier nicht zur Verfügung. Das diese Tätigkeiten teilweise sehr zeitintensiv sind, verkürzt sich das Kontingent von potentieller Freizeit noch einmal erheblich. Der erste Blick in den Lagerbestand meines Hygienelagers, zeigte mir in Verbindung mit den ersten Eindrücken der Feldlagereinrichtungen, dass hier viel Arbeit zu verrichten ist. Dazu in einem späteren Bericht mehr. Eine mehr oder weniger desolate Hygienesituation begleitete mich durch die gesamte Zeit meines Einsatzes. Nach dieser ersten Einweisung, erfolgte die Vorbereitung auf die erste Patrouille. Befehlsausgabe, mit Auftrag, Streckenführung und individueller Vorbereitung. Jede Patrouille besteht aus mindestens 2 Fahrzeugen, besetzt mit 4 Militärbeobachtern. Für mich stand meine erste Funktion als “Greenhorn”, darin, dass zweite Fahrzeug zu fahren. “Following the Dust”. Einfach gesagt, musste ich nur fahren, den Anweisungen meines Beifahrers und Fahrzeugkommandanten folgen und die Staubfahne des vorausfahrenden Fahrzeugs nicht aus den Augen verlieren. Klingt einfach, war es aber nicht. Technischer Dienst vor der Abfahrt, d.h. einer Checkliste folgend den technischen Klarstand kontrollieren, Überlebensausstattung einrüsten, Funk und Navigationsgeräte checken, dauerten gerade zu Beginn des Einsatzes sehr lange. Dadurch wurde meine eh schon kurze Nacht noch mal um 1 – 2 Stunden verkürzt. Frühstück fiel auch gleich mal aus, da der lokale Bäcker erst nach Abfahrt frisches Brot liefert. Instantkaffee und harte Brotreste vom Vortag mussten reichen. Nach einer letzten Funküberprüfung ging es auf erste Fahrt.


Wer sich nun vorstellt, das eine Wüste wie die Sahara, ausschließlich aus Sand besteht, liegt falsch. Zumindest der Teil der Wüste, in der ich mich hauptsächlich bewegt habe, war Steinwüsten mit sandigen Anteilen. Die Oberfläche glich eher der Mondlandschaft, als den Bildern meiner Vorstellung von Sanddünen. Entsprechend rauh, bzw. rustikal war die Fahrt. Ständige Schläge auf Fahrzeug und Besatzung, hinterließen schnell ihre Spuren. Trotz deutlich angepasster Geschwindigkeit, von etwa 20 bis 30 Km/h, waren die Besatzungen schnell müde und erschöpft. Defekte Klimaanlagen der Fahrzeuge bei einer Außentemperatur von etwa 40 Grad forderten zusätzlich ihren Tribut. So verwundert es nicht, dass eine Fahrstrecke von etwa 80 Kilometern, den gesamten Tag in Anspruch nimmt. Kommt noch etwas dazwischen, wie z.B. ein platter Reifen oder Festfahren im Schlamm, dann dauert das alles noch länger. Ein Reifenwechsel stand eigentlich bei jeder Patrouille an. Nach etwas Übung wechselten wir diesen sogar bei Sandsturm unter 10 Minuten. Mit dem einsetzenden Sonnenuntergang erreichten wir erschöpft unser Camp um dort in die Nachbereitung des Einsatzes zu gehen. Berichte schreiben über das was wir unterwegs gesehen und überprüft hatten, technischen Dienst am Fahrzeug, abrüsten der Fahrzeuge und dann endlich nach einem langen Tag, eine wohltuende Dusche zu nehmen. Wenn denn Wasser zur Verfügung stand. Da dies Wasserversorgung aber fragil, die Sanitärcontainer alt und marode und die UN Logistik schwerfällig waren, musste sehr häufig die 1,5 Liter Wasserflasche als Dusche reichen. 


                                                                                         Patrouillenfahrzeuge Typ Nissan.



Nach einem Abendessen, ver/gekocht durch marokkanische Küchensoldaten ging es dann auch sehr schnell ins Bett um für den Folgetag wieder einigermaßen ausgeruht zu sein. Meist hatte ich wenigstens 2 bis 3 Stunden “Freizeit”, wenn nicht ein Problem aus dem Verantwortungsbereich meiner Nebenfunktionen, diese Ziel torpediert hat. Dies kam vor, wenn z.B. Durchreisende anderer Teamsites bei uns Quartier bezogen und ich sie mit Bettwäsche, sowie Putzutensilien ausstatten musste oder eine Toilette ausfiel und ich die Instandsetzung im fernen Hauptquartier beauftragen musste, da tagsüber dafür für mich keine Zeit war. Schließlich war ich ja unterwegs und ein ziviler, technischer Dienst der UN, arbeitet Abends nun mal nicht mehr. So ging meine Mail mit Bitte auf Unterstützung meist Nachts raus und ich hoffte irgendwo einen willigen und kompetenten Ansprechpartner zu finden, der uns hier einen Wartungstruppe vorbei schickte. Leider dauerten solche Vorgänge immer sehr lange und wir mussten darauf warten, dass sich ein Besuch bei uns auch lohnte, also mehrere Dinge gleichzeitig zu reparieren waren. Was stets bedeutete, wochenlang mit deutlich eingeschränkter Infrastruktur zu leben. Im Extremfall mal mehrere Wochen ohne Dusche und nur mit Local Toiletten. (Loch im Boden). So, genug geklagt :)



Weitere Berichte zu Einsatzfahrten und der Ausbildung zum PAPA LIMA, dem Patrouillenführer folgen im nächsten Bericht. 



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In Brasilien steht den Einwohnern ein kostenfreies Gesundheitssystem zur Verfügung. Das sog. Sistema Unico de Saúde, kurz SUS. Flächendeckend sind diese SUS Stützpunkte in unterschiedlicher Besetzung und Leistungsfähigkeit über dieses riesige Land Brasilien verteilt. In manchen ist nur stundenweise eine Krankenschwester mit oder ohne Arzt tätig, andere sind mit mehr qualifiziertem medizinischen Personal über längere Zeiträume besetzt. Das hängt von Faktoren wie Infrastruktur, Bewohnerdichte, aber auch finanzieller Bereitschaft des jeweilig verantwortlichen Landkreises mit seinem Präfekten ab. Manche Bereiche investieren mehr, andere zahlen nur das notwendigste. Ich hatte die Möglichkeit eine Ärztin in ihrer Tätigkeit in einer ländlichen Gegend über mehrere Tage zu begleiten und Eindrücke über die medizinische Versorgung dort zu erlangen. Region Serra Azul, Staat Sao Paulo. Eine Kleinstadt als Verwaltungssitz mit etwa 15.000 Einwohnern. Darüber hinaus eine hohe Zahl kleiner und kleinster Ansammlungen von Bauernhöfen oder einfachen Häusern. Haupterwerbsquelle Bananen und Zuckerrohranbau.
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Immer wieder wird in Fachforen der Begriff des sog. Prolonged Field Care, kurz PFC diskutiert. Dabei wird diese Phase der Verwundetenversorgung oft als weitere, also vierte Phase des Tactical Comabt Casualty Care , kurz TCCC bezeichnet. Nach Care under Fire, Tactical Field Care und Tactical Evacuation Care, käme dann also das Prolonged Field Care. Taktik und Medizin hat sich der Thematik angenommen und die Philosophie einer Versorgung nach PFC mal genauer betrachtet. PFC ist keine weitere Phase des TCCC. Das schon einmal vorweg. Unter PFC versteht sich eine Versorgungspahse, die durchaus im Zusammenhang mit dem TCCC zu sehen ist, aber nicht ausschließlich. Zu komplex sind die Situationen und Verletzungen aber auch Erkrankungen, die zum PFC führen können.
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